Die Debatte über die Mehrsprachigkeit von Kindern und Jugendlichen ist in der Öffentlichkeit seit langem ein emotionales Thema. Während Fürsprecherinnen und Fürsprecher in ihr eine Ressource sehen, weil sie etwa Vorteile beim Lernen von Sprachen mit sich bringt, beurteilen Kritikerinnen und Kritiker Mehrsprachigkeit als Risikofaktor, da mehrsprachig aufwachsende Kinder keine der Sprachen vollständig lernten und sich das wiederum negativ auf die schulischen Leistungen auswirke. Der im Februar 2022 erschienene Faktencheck Mehrsprachigkeit in Kita und Schule des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache entkräftet Mythen und liefert wissenschaftlich fundierte Antworten auf häufig gestellte Fragen. Nun ist die türkische Übersetzung des Faktenchecks Okul öncesi eğitimde ve okullarda çok dillilik erschienen, die es einer breiteren Leserschaft ermöglicht von den Erkenntnissen und Empfehlungen des Faktenchecks zu profitieren.
In der Diskussion um Mehrsprachigkeit geht es immer wieder darum, ob es für die schulischen Leistungen nicht zielführender ist, wenn beispielsweise türkischsprachige Eltern zu Hause nur Deutsch mit ihren Kindern sprechen. „Aus der Forschung wissen wir, dass Kindern durch das mehrsprachige Aufwachsen keine Nachteile entstehen. Eltern sollten in der Sprache mit den Kindern kommunizieren, in der sie sich am wohlsten fühlen. Sonst kann eine künstliche Kommunikation entstehen, die sich sogar negativ auf die sprachliche Entwicklung auswirken kann“, erläutert Dr. Till Woerfel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mercator-Institut. Wichtiger als eine sogenannte Deutschpflicht sei es, dem Kind reichhaltige sprachliche Angebote in allen Sprachen zu ermöglichen, die es im Alltag nutzt. Personen, die bereits in früher Kindheit mehrsprachig aufwachsen, können erworbene Kompetenzen aus der einen Sprache für weitere Sprachen nutzen. So kann Mehrsprachigkeit viel mehr als Ressource zum Erlernen neuer Sprachen gesehen werden.
Darüber hinaus gibt der Faktencheck auch Hinweise, wie pädagogische Fachkräfte Mehrsprachigkeit gezielt unterstützen können. „Dafür müssen Erzieherinnen, Erzieher und Lehrkräfte selbst nicht unbedingt mehrsprachig sein. Wichtig ist, dass sie didaktisch gut ausgebildet sind“, betont Woerfel. In der Kita können sie mehrsprachige Vorleseaktionen durchführen oder im Morgenkreis Gegenstände in den verschiedenen Familiensprachen benennen lassen. In der Schule können Lernende, die dieselbe Familiensprache haben, beispielsweise Aufgaben gemeinsam bearbeiten und die Ergebnisse in dieser Sprache festhalten.
Den türkischen Faktencheck Okul öncesi eğitimde ve okullarda çok dillilik können Sie hier herunterladen.
Den Faktencheck Mehrsprachigkeit in Kita und Schule können Sie hier herunterladen.